Grassers Bier

Von lym · · 2003/11

Charity-Aktionen zugunsten von Ute Bocks Wohnprojekt sichern dessen Finanzierung bis Weihnachten. Doch was dann?

Ute Bock ist eine einfache Frau, die die Welt mit dem Herzen betrachtet. Um Anerkennung geht es ihr nicht, sondern um die Menschen. Als ihr die Gemeinde Wien verbot, im Gesellenheim in der Zohmanngasse afrikanische AsylwerberInnen unterzubringen, organisierte sie privat Wohngemeinschaften. Ihr Wohnprojekt ist mittlerweile auf 28 Wohnungen angewachsen, in denen sie über 100 Menschen Unterkunft und Verpflegung bietet. Bezahlt hat die 63-jährige ehemalige Erzieherin diese Unterkünfte bisher von ihrer Pension, Erspartem, Preisgeldern und Spenden. Doch irgendwann einmal stand auch Ute Bock vor dem Aus und wusste nicht mehr weiter.
Circa zehn engagierte Leute taten sich in Wien zusammen, um Frau Bock unter die Arme zu greifen und viele Asylsuchende vor einem Leben auf der Straße zu bewahren. Die Aktionen „Bock auf Kultur“ und „Bock auf Bier“ wurden ins Leben gerufen. Letztere wurde anfangs von 70 und wird heute von noch circa 30 hauptsächlich Wiener Lokalen weitergeführt: Biertrinken zu einem guten Zweck, pro Seidel oder Krügel gehen 10 Cent an Frau Bock. Seit Einführung der Biertrink-Aktion Mitte Juni und den Charity-Veranstaltungen, wo Promis wie Wolf Haas und Peter Henisch „Bock auf Kultur“ machten, konnten 56.300 Euro eingenommen werden. Ein schöner Erfolg, der in erster Linie den Schuldenberg von Ute Bocks Wohnprojekt abtragen soll und eine Finanzierung der 28 Wohnungen bis circa Weihnachten sicher stellt.

Die OrganisatorInnen der Bock-Veranstaltungen und -Aktionen rufen daher erneut den Staat auf, seine Verantwortung wahrzunehmen und Flüchtlinge in Österreich zu betreuen. „Jetzt ist die Politik gefordert: Sowohl die Bundesregierung als auch die Stadt Wien sollen endlich im Rahmen des Rechtsstaates agieren und die menschenwürdige Versorgung aller AsylwerberInnen übernehmen“, fordert Lea Friessner von SOS-Mitmensch. Eine menschenwürdige Asylpolitik sei eigentlich „Grassers Bier“. In einem informellen Gespräch mit Ute Bock sollten Vertreter des Innenministeriums gar schon Signale in Richtung Bundesbetreuungsgeld gezeigt haben, doch davon kann Ute Bock noch keine Heiz- und Stromkosten für die gemieteten Wohnungen bezahlen.
Deswegen wird weiter an Charity-Aktionen gebastelt: In ausgewählten Wiener Geschäften können Bock-T-Shirts mit witziger Aufschrift gekauft werden (siehe www.merchzilla.com). Ende Oktober startete der Verkauf des „Ute Bock-Biers“, das von der Brauerei Ottakring als Sonderedition abgefüllt und gespendet wurde. Im Rahmen des Viennale-Filmfestivals wurde pro verkauftem 6er-Kartenblock ein Euro an Ute Bocks Wohnprojekt gespendet.
Die schwarz-blaue Regierung lässt so viel soziales Engagement bisher kalt. Bald fällt der erste Schnee und weiterhin landen AsylwerberInnen auf der Straße. Bei Ute Bock sind circa 1.000 Menschen gemeldet. Auch wenn nicht alle versorgt werden können, so kann ihnen Frau Bock wenigstens eine Adresse bieten, unverzichtbar für ein Asylverfahren. Derzeit wird versucht, ein eigenes Haus mit neuen Wohnungen kostengünstig aufzutreiben, um eine erste Anlaufstelle, hauptsächlich für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, zu schaffen. Allein 182 sind jetzt schon bei Ute Bock gemeldet. Und ein kalter Winter steht erst noch bevor.

www.fraubock.at www.bockaufkultur.at

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